„Der Schlüssel ist, sich mit sich selbst und seinen Cochlea-Implantaten wohlzufühlen“ – Linneas Geschichte
Linnea aus den USA liebt es zu malen und zu reiten, sie studiert an der Universität – und sie trägt zwei Cochlea-Implantate. Für sie war ihr Hörverlust – verursacht durch das Usher-Syndrom – nie ein Hindernis, nach den Sternen zu greifen und ihr Leben in vollen Zügen zu genießen. Lesen Sie Linneas inspirierende Geschichte und erfahren Sie, wie sie die Regelschule mit CIs gemeistert hat und wie sie heute ihren Traum leben kann:
Mein Name ist Linnea und ich bin 20 Jahre alt. Ich komme aus Tampa in Florida und studiere momentan Animation an der University of Central Florida in Orlando. Wie man sich aufgrund meiner Studienwahl vielleicht schon denken dann, ist mein liebstes Hobby alles, was mit Kunst zu tun hat – ich liebe es zu zeichnen! Außerdem reite ich und bin Teil des Reitteams an meiner Uni.
Meine Hörreise mit dem Usher-Syndrom
Ich kam mit hochgradigem Hörverlust auf beiden Seiten zur Welt, bestand aber aufgrund eines Fehlers den Neugeborenen-Hörtest. Als ich ungefähr ein Jahr alt war, spielten meine Eltern gegen einen Audiologen Tennis und wurden durch Zufall auf meinen Hörverlust aufmerksam. Ich wurde erneut getestet. Diagnose: Gehörlosigkeit. Im Alter von eineinhalb Jahren bekam ich mein erstes Cochlea-Implantat, das zweite dann als ich elf war. Ich habe meine CIs also schon seit circa 18 Jahren. Ich bekam MED-EL Implantate und nutze zurzeit den SONNET Audioprozessor und manchmal, wenn ich schwimmen gehe, den RONDO mit WaterWear.
Lange Zeit war unklar, warum ich taub bin – meine Familie und ich gingen davon aus, dass es sich um einen zufälligen Geburtsfehler oder eine genetische Anomalie handelte, und wir dachten nicht allzu viel darüber nach. Aber als ich ungefähr 14 war, fanden wir durch Zufall heraus, dass ich nicht den vollen Umfang des peripheren Sehens habe, den die meisten Mensch haben. Anders ausgedrückt: Ich habe einen „Tunnelblick“. Ich wurde an einen Augenarzt verwiesen und schließlich wurde das Usher-Syndrom diagnostiziert, eine seltene genetische Erkankung, die sowohl zu Hörverlust als auch zu verschieden stark ausgeprägtem Sehverlust führen kann.
Cochlea-Implantate und Regelschule
Ich habe immer eine Regelschule besucht, angefangen vom Kindergarten bis jetzt zum College. Ich denke, am besten daran war, dass ich die Erfahrung einer „normalen“ Kindheit machen durfte – ich habe mich nie anders oder als Außenseiterin gefühlt. Eine Regelschule zu besuchen bedeutet mit verschiedensten SchulkollegInnen und LehrerInnen zu interagieren, unzählige Möglichkeiten zu bekommen sich auszuprobieren und all die Dinge zu erleben, die man für gewöhnlich im Schulalter erlebt. Die Schulzeit hat mich gelehrt in einer hörenden Welt mit hörenden Altersgenossen klarzukommen und mir all die Fähigkeiten anzueignen, die es dafür braucht.
Ich denke, das Wichtigste, was ich aus der Schulzeit mitgenommen habe, ist die Fähigkeit, für mich selbst einzutreten und keine Angst zu haben, etwas zu sagen oder um etwas zu bitten, das ich brauche.
Aber natürlich gab es in der Schule auch Herausforderungen: zum Beispiel die Schulkantine, in der es immer laut und unruhig war, was es mir schwer machte, mich beim Mittagessen zu unterhalten. Manchmal fiel das FM-System aus und ich musste in der Fünf-Minuten-Pause zwischen zwei Schulstunden schnell eine Lösung finden. Nicht nur einmal kämpfte ein Lehrer zehn Minuten lang damit die Untertitel am veralteten DVD-Player einzustellen und ich hatte oft das starke Bedürfnis zu sagen: „Passt schon, es geht auch ohne!“ Technologie kann kompliziert sein, seien es externe Hörhilfen oder die Implantatsysteme. Manchmal machen diese technischen Herausforderungen in Kombination mit den anderen Herausforderungen, die mit Hörverlust einhergehen, den Schulalltag etwas holprig.
Aber trotz aller Herausforderungen habe ich die High School mit ausgezeichneten Noten und vielen Freunden an meiner Seite abgeschlossen. Ich bin froh, dass ich Teil des regulären Schulsystems war, und glaube, dass ich vieles gelernt habe, was mich zu der Person gemacht hat, die ich heute bin.
Ein wenig zusätzliche Hilfe: Externe Hörhilfen
Im Laufe der Jahre habe ich fast täglich externe Hörhilfen, vor allem FM-Systeme, verwendet. Ich habe ein Gerät verwendet, das ich mit meinen Prozessoren verbunden habe. Meine LehrerInnen bekamen ein Mikrofon, das ebenfalls mit diesem Gerät verbunden war. Das System war einfach und unauffällig und damit perfekt geeignet fürs Klassenzimmer, wenn der Lärmpegel hoch oder die Lehrperson weit entfernt von meinem Tisch war. Ich war es gewohnt, jedes Jahr einem neuen Team von Lehrern zu erklären, dass ich gehörlös war, dass sie die FM-Anlage verwenden sollten und dass ich immer wieder um Untertitel oder einen Sitzplatz in der ersten Reihe bitten würde. So habe ich gelernt, entspannt über meine Gehörlösigkeit und meine Bedürfnisse zu sprechen, was sich auch für andere Lebensbereiche als hilfreich herausstellte.
Mein Alltag an der Uni
Momentan kann ich meinen Traum leben: Ich studiere Animation an der University of Central Florida. Animation hat mich immer schon interessiert – ich bin mit Cartoons und animierten Filmen aufgewachsen und habe sie geliebt. Das und meine Liebe zur Kunst und zum Zeichnen haben mich zu dieser Studienwahl bewogen. Ich liebe die Möglichkeiten, eine Figur durch Zeichnen zum Leben zu erwecken. Es benötigt Geduld und harte Arbeit, aber es ist erfüllend, wenn man das Endergebnis sieht. Ich hoffe, eines Tages einen Film oder eine Serie, an der ich mitgearbeitet habe, auf der großen Leinwand zu sehen.
Ich liebe es, an der Uni zu sein! Ich denke, das Beste ist die Freiheit, die man hier hat. An der Uni wählt man seinen Schwerpunkt und jeder Kurs bringt dir, im schlechtesten Fall, „nur“ etwas für deinen zukünftigen Beruf und ist im besten Fall interessant und motivierend. Ich habe in den Kursen tolle Freunde gefunden und kann mich mit Gleichgesinnten austauschen.
Mein Rat für andere
Mein wichtigster Rat ist, keine Angst davor zu haben, für sich und seine Bedürfnisse einzutreten.
Der Schlüssel dazu ist, sich mit sich selbst und seinen Cochlea-Implantaten wohlzufühlen – ich sehe meine Implantate nicht als etwas, das von mir getrennt ist. Sie sind ein Teil von mir und meiner Identität, sie sind meine Art zu hören und nicht etwas, wofür man sich schämen oder das man gar verstecken muss.
Es braucht Zeit und Arbeit, sich mit seinen Implantaten wohl und sicher zu fühlen, besonders wenn man sie erst später im Leben bekommt – aber es lohnt sich! Denn so lernt man, für sich selbst zu sprechen und um Dinge zu bitten, sei es, dass jemand einen Satz wiederholt oder dass Untertitel in einem Video aktiviert werden. Für sich selbst einzustehen ist entscheidend, wenn man Bedürfnisse hat, die der Großteil der Menschen nicht hat. Denn den anderen werden solche Dinge von selbst nicht auffallen.
Egal, ob als Erwachsener mit Hörgeräten, als Elternteil eines Kindes mit Höverlust oder als Teenager, der mit CIs und Hörgeräten aufgewachsen ist:
Es ist wichtig, sich bewusst zu halten, dass wir genau so fähig sind wie jede andere Person. Unser Gehör ist nicht etwas, das uns einschränken oder zurückhalten sollte – lasst uns große Träume haben und unser Leben leben!
Träume und Wünsche für die Zukunft
Eines Tages möchte ich für ein Animationsstudio arbeiten und an Filmen oder Fernsehserien mitarbeiten. Für die nahe Zukunft hoffe ich, dass ich nach meinem Abschluss einen Job in der Branche finde. Für später wünsche ich mir, dass ich eines Tages ein Kreativ-Team leiten kann oder für Storyboards verantwortlich sein darf. Außerdem möchte ich gerne reisen und mehr von der Welt sehen.
Danke, Linnea!
Lesen Sie auch den Gastartikel von Michaela aus Bayern. In ihrem Bericht erzählt sie, was die Diagnose Zytomegalie-Virus für ihre Familie bedeutete und wie Tochter Marie heute dank Cochlea-Implantaten eine Welt voller Klänge erleben kann.
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