Gastartikel

„Ohne die Cochleaimplantate wäre unsere Familie zerbrochen!“

Die Familie Fröhlich aus Saarbrücken macht ihrem Namen alle Ehre – Vater Stefan, Mutter Mona und die beiden Kinder Lena und Tom lachen oft, nehmen Herausforderungen mit Humor und genießen es, gut gelaunt um einen Tisch zu sitzen. Das war nicht immer so. Eine seltene Nervenerkrankung raubte Stefan Fröhlich das Gehör auf beiden Ohren und brachte ihn an die Schwelle zwischen Leben und Tod. Sein Hörverlust isolierte den 44-Jährigen und stürzte die Familie in eine schwere Krise. Moderne Hörimplantate bzw. Cochleaimplantate brachten die Fröhlichs wieder miteinander ins Gespräch – und den Humor zurück in die Familie.

Stefan Fröhlich (44 Jahre, Krankenpfleger, frühverrentet):
Von den ersten Symptomen bis zur Diagnose meiner Krankheit vergingen zweieinhalb Jahre. Diese Zeit war für meine Familie und mich eine existenzielle Bewährungsprobe – ich verlor den Hörsinn auf beiden Ohren und musste mehrfach am Darm operiert werden. Nach schweren Komplikationen lag ich drei Wochen im Koma und war kurz davor, diese Welt zu verlassen. Meine Krankheit, das Hu-Antikörpersyndrom, ist sehr selten. Nach der Diagnose habe ich mit einer Immuntherapie begonnen – erst dadurch hat sich mein Zustand langsam stabilisiert.

Tom Fröhlich (20 Jahre, Auszubildender):
Gesundheitlich ging es meinem Vater ab diesem Zeitpunkt zwar Schritt für Schritt besser, dafür hat er sich sozial immer mehr zurückgezogen. Das lag vor allem daran, dass er kaum noch etwas gehört hat. Seine Hörgeräte haben nicht wirklich geholfen.

„Es war kommunikativ eine Katastrophe und begann mit einer Isolation aus der Familie heraus. Auch die sozialen Kontakte mit Freunden und Bekannten fielen mehr und mehr weg, weil er sich nicht mehr unterhalten konnte.“

Mona Fröhlich (48 Jahre, Krankenschwester auf der Intensivstation, stellvertretende Stationsleitung): Mein Mann hat das immer auch verdrängt, sonst hätte er diese Zeit vermutlich nicht überstanden. Aber wir, die Kinder und ich, konnten mit ihm überhaupt nicht mehr reden. Unser Alltag hat sich durch die Krankheit verändert – mein Mann war zu Hause, ich habe voll gearbeitet. Am wenigsten davon gemerkt hat wahrscheinlich mein Mann selbst. Er war einfach froh, wenn er keine Schmerzen wegen des Darms hatte und hat sich in seine eigene Welt geflüchtet.

„Wenn ich heimkam, haben wir uns nur noch angeschrien, weil Stefan so schlecht gehört hat. Da verliert man irgendwann die Lust und spricht gar nicht mehr miteinander.“

Stefan Fröhlich: In der Universitätsklinik in Heidelberg sagte man mir, ich sei ein Kandidat für Cochleaimplantate (CIs), also Implantate, die den Hörnerv durch elektrische Impulse stimulieren und so den Hörsinn wieder herstellen können. Ich hatte zuerst Angst vor der Operation am Kopf, aber ich merkte: Ich muss das machen. Ich musste diese Chance nutzen und habe mich für Implantate der Medizintechnikfirma MED-EL entschieden.
Sechs Wochen nach der OP am rechten Ohr wurde das erste Implantat technisch angepasst und angeschaltet. Das war ein Wahnsinnserlebnis!

„Im Rückblick kann ich sagen: Ein Zahnarztbesuch ist schlimmer als eine CI-Operation.“

Prof. Dr. med. Mark Praetorius:


„Das Gehör ist der einzige Sinn, der mit guten Erfolgen durch Cochleaimplantate technisch ersetzbar ist. CI-Operationen sind inzwischen Routine und dauern kürzer als viele andere OPs im Hals-          Nasen-OhrenBereich.“

Wenn bei der Erstanpassung der Implantate zum ersten Mal Töne über die elektrischen Impulse am Hörnerv ankommen, ist das eine emotionale Erfahrung für alle Beteiligten. Es ist toll, so etwas mitzuerleben.

Lena Fröhlich (16 Jahre, Schülerin):
Es war einen Tag vor meinem Geburtstag. Mein Vater kam nach der ersten CI-Operation nach Hause und wollte gleich, dass wir zusammen ein Heft mit Hörbeispielen durcharbeiten. Zuerst habe ich ihm die leichten Wörter vorgelesen – kein Problem. Euphorisch hat Papa mich gebeten, zu den schweren Beispielen überzugehen. Und auch die hat er verstanden. Er hat gestrahlt. Das war seit langem wieder einmal ein Moment, in dem mein Vater wirklich glücklich war. Man hat ihm das richtig angesehen. Das war ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk für mich.

Stefan Fröhlich:
Ich habe meine Lieblings-CD von U2 aus dem Regal genommen und sie aufgelegt. Mit dem Implantat bin ich etwas näher an die Boxen herangegangen, aber ich habe etwas verstanden – nach vier Jahren ohne Musik. Das war so ein herrlicher Moment, das kann man gar nicht beschreiben. Es war phä- nomenal!

Mona Fröhlich:
„Nach der ersten CI-Operation mussten wir alle erst einmal lernen, wieder miteinander zu reden. Wir mussten uns nochmal ganz neu finden. Das war ein langsamer, schleichender Prozess. Heute        sind wir einfach nur sehr dankbar, dass es diese Technik gibt, dass wir als Familie wieder ganz normal miteinander sprechen können.“

Kommunikation ist so wesentlich für Beziehungen. Unsere Familie wäre ohne die Cochleaimplantate zerbrochen, da bin ich mir sicher. Unsere Ehe hätte das auf Dauer nicht ausgehalten.

Tom Fröhlich:
Was meinen Vater und mich schon immer sehr verbindet, ist unser Humor. Wir haben immer unsere Späße gemacht. Humor besteht ja zum größten Teil aus Betonung und Aussprache, da ist auch Ironie im Spiel. All das geht komplett verloren, wenn einer von beiden schlecht hört. Wenn man einen Witz fünf Mal erzählt, ist er irgendwann nicht mehr lustig. Und auch das Gespräch untereinander reduziert man auf das Notwendige – das ist keine Basis für Unterhaltungen zwischen Vater und Sohn. Seit Papa die CIs hat, lachen wir wieder viel gemeinsam.

Stefan Fröhlich:
Schon mit dem ersten Implantat habe ich nach wenigen Einstellungen sehr gut gehört. Die Audiologen sagten, es sei außergewöhnlich, dass das Implantat bei mir so schnell eine derart gute Wirkung erzielt hat. Ich will nicht sagen, dass ich der König der Implantate-Träger bin, aber ich habe die CIs glücklicherweise sehr gut angenommen. Bei dem zweiten CI ist es sogar noch schneller gegangen. Mein tägliches Übungsprogramm ist der Alltag. Heute kann ich auch meine Hobbys wieder mehr genießen, zum Beispiel das Bogenschießen mit Freunden. Das kann man zwar auch schweigend tun, aber es macht viel mehr Spaß, wenn man sich dabei unterhalten kann.

Prof. Dr. med. Mark Praetorius:
Bei kleinen Kindern geht man davon aus, das sie zwischen fünf und acht Millionen Worte hören, bis die Sprache gut ist. Es ist letztlich eine Mustererkennung: Ein bestimmtes Schwingungsmuster als Tonkombination bedeutet dann zum Beispiel „Maus“ oder „Vanilleeis“. Mit den Cochleaimplantaten sind diese Muster ähnlich, aber nicht gleich. Dementsprechend muss diese Mustererkennung wieder trainiert werden. Jemand, der noch etwas jünger ist, wie Herr Fröhlich, macht im Allgemeinen schnellere Fortschritte als ein älterer Patient.

Mona Fröhlich:
In der schwierigen Zeit haben wir einen Hund bekommen und haben angefangen, jeden Mittag miteinander spazieren zu gehen. Als mein Mann dank der CIs wieder hören konnte, haben wir während des Gehens Dinge ausgetauscht, wie wir es vor dem Hörverlust schon getan haben. Wir sind auch wieder zu Geburtstagen gegangen, ins Kino, ins Theater – vor allem, seit mein Mann das zweite Implantat hat. Langsam haben wir es wieder zurück in unser gemeinsames Leben geschafft.

Lena Fröhlich:
„Unser Vater ist ein sehr lebensfroher Mensch – egal was war, er ist immer wieder aufgestanden. Und das hat er in der Zeit, in der er nicht mehr gehört hat, völlig verloren.“

Als Papa noch keine CIs hatte, war ich manchmal mit ihm im Kino. Er ist oft während des Films eingeschlafen, weil er nichts verstanden hat. Und jetzt, mit den CIs, treffen wir uns ein Mal im Monat, um gemeinsam einen Film anzuschauen – und können uns danach entspannt darüber austauschen.

 Prof. Dr. med. Mark Praetorius:
„Ich kenne praktisch niemanden, der eine Implantation bereut hat. Viel häufiger sagen Patienten: Warum habe ich mich erst jetzt dazu durchgerungen? Es gibt dafür letztlich keine Altersgrenze – es geht nicht darum, wie viele Kalenderblätter abgerissen wurden, sondern darum, wie fit man im Kopf ist.“

Wenn sich der direkte Kommunikationskanal mit den Mitmenschen durch einen Hörverlust verschlossen hat, sind Cochleaimplantate eine wunderbare Möglichkeit und eine große Chance.

Tom Fröhlich:
„Als ich zum ersten Mal gehört habe, dass meine Eltern dank der CIs wieder ins Kino und ins Theater gehen können, dachte ich, das sei ein Witz. Denn das war lange Zeit überhaupt nicht vorstellbar.“

Besonders schön: Meine Eltern waren dieses Jahr auf einem U2-Konzert. Papa konnte der Musik wirklich folgen – und zwar nicht nur, weil er den Bass gespürt hat, sondern weil er verstanden hat, was gesungen wurde. Das ist eigentlich auch ein schöner Kreis: U2 war die erste CD, die er nach seiner ersten CI-Operation eingelegt hatte. Und jetzt, zwei Jahre später, mit zwei super eingestellten und abgestimmten CIs, hat er U2 live gehört.

Stefan Fröhlich:
Wenn ich die Familie nicht gehabt hätte, hätte ich das alles nicht so gut überstanden. Vor allem meine Ehefrau hat viel geleistet. Es ist großartig, wenn in so einer schweren Phase die Familie hinter einem steht. Sonst packt man das nicht.

Tom Fröhlich:
Durch die Krankheit unseres Vaters habe ich das Berufsfeld für mein Leben gefunden: Ich mache eine Ausbildung zum Hörgeräteakustiker. Wenn ein Kunde vor mir sitzt, dann sehe ich den Menschen und seinen Hörverlust. Das tut mir leid und ich versuche, zu helfen. Aber ich sehe auch seine Familie und das soziale Umfeld. Ich habe so viel Spaß an dem Beruf, weil ich wirklich weiß, was ein Hörverlust bedeutet und was es heißt, jemand helfen zu können, der eine Hörbehinderung hat. Alles Negative hat immer auch etwas Positives. Das ist das Motto unserer Familie – und deswegen stehen wir auch da, wo wir heute sind.

 

 

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