Beethoven könnte heute hören
Wie moderne Hörimplantate den Hörverlust des berühmten Komponisten kompensiert hätten
Schwerhörig zu sein, ist für sich allein genommen schon eine große Herausforderung. Als Komponist sein Gehör zu verlieren, muss einem albtraumhaften Zustand gleichen: Ludwig van Beethoven, dessen Hörorgan sich ab dem 29. Lebensjahr kontinuierlich verschlechterte und der schließlich ertaubte, beschrieb seinen Hörverlust einst als „Verbannung“. Gemeint war damit, vermutlich die charakteristische soziale Isolation des Schwerhörigen und die versagte Möglichkeit, an der hörenden Welt teilzuhaben. Würde der Ausnahmekünstler heute leben, wäre sein Leiden mit mordernster Hörtechnik therapierbar. Anlässlich des Beethoven-Gedenkjahrs und des Welttags des Hörens am 3. März macht MED-EL, führender Hersteller von implantierbaren Hörlösungen, gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf die Bedeutung eines gesunden Hörsinns und die vielen Behandlungsmöglichkeiten von Hörverlust aufmerksam – auch und gerade dann, wenn Hörgeräte nicht mehr helfen.
Mit gerade einmal 28 Jahren stellte sich bei Ludwig van Beethoven ein zunehmend schlimmer werdender Hörverlust ein. Der berühmte Komponist behalf sich mit Mandelöl-Ohrentropfen, Meerrettich-Baumwolle und lauwarmen Donaubädern, doch kein medizinisches Mittel konnte das Schwinden seines Gehörsinns aufhalten. Beim Komponieren musste er sich auf seinen Taktstock, der an seinem Flügel befestigt war, und seine eigens ausgeklügelte Technik verlassen: Beethoven biss in das freie Ende des Stabs und konnte so mittels Knochenleitung hören. Unwissentlich entwickelte er damit den Prototypen eines modernen Hörimplantats. Denn sein Prinzip der Knochenleitung wird in der heutigen Medizintechnik in Form von Knochenleitungsimplantaten erfolgreich eingesetzt und verhilft Menschen, die unter einem Schallleitungs- und kombiniertem Hörverlust leiden, routinemäßig zu einem guten Gehör. Auch wenn die Ursache von Beethovens Hörverlust ungeklärt bleibt, hätte die moderne Medizin dem Komponisten vermutlich helfen können: Nach derzeitigem Wissenstand wäre in den ersten Jahren ein einfaches Hörgerät ausreichend gewesen, später hätten moderne Hörimplantate eine wirksame Behandlung darstellen können. Einige Experten sind sich sicher, dass ein sogenanntes Cochlea-Implantat, Beethoven in die Welt der Hörenden hätte zurückholen können. Dieses wird bei hochgradigem Hörverlust eingesetzt und stimuliert den Hörnerv direkt, wenn die feinen Sinneszellen im Innenohr (Haarzellen) nicht mehr funktionieren, aber der Hörnerv noch intakt ist.
Endlich wieder Musik machen und hören können dank Hör-Implantaten
Auch heutzutage leiden berühmte Künstler der Musikbranche unter Hörverlust. Prominente Beispiele sind Campino von den Toten Hosen, Coldplay-Frontsänger Chris Martin oder Neil Young und Phil Collins. Welche positiven Auswirkungen die Nutzung eines Cochlea-Implantats auf das Leben von Musikern haben kann, zeigen die Geschichten von Josephine Seifert, Christian Lilienweihs und Hildegard Stoll.
Alle drei eint die Liebe zum Musik machen – und, dass sie dies dank modernster Hörtechnik auch tun können. Musik war schon immer ein überaus wichtiges Thema in Josephine Seiferts Leben. Seitdem sie vier Jahre alt ist, spielt die heute 23-jährige Vollblutmusikerin Cello. Eine Tatsache, die keineswegs selbstverständlich ist, denn Josephine ist seit ihrem 10. Lebensjahr auf dem linken Ohr taub. Dass sie auch heute Cello spielen kann, verdankt sie ihrem Cochlea-Implantat, da ist sich die studierte Audiologin und Hörtechnikerin sicher.
„Ohne Hörimplantat hat mir die volle Dimension der Musik gefehlt. Es hörte sich alles platt an und ich konnte die Tiefe der Musik nicht mehr hören. Jetzt mit CI bin ich zum Glück wieder in der Lage, das volle Klangspektrum wahrzunehmen“, so Josephine zufrieden. Heute ist die Cellistin Teil eines Orchester-Ensembles, auch zwei Werke von Beethoven hat sie schon gespielt. „Es ist sehr bewundernswert, dass er trotz seines schlechten Gehörs die Musik nicht aufgeben hat“, sagt Josephine über den berühmten Komponisten mit dem sie nicht nur die Leidenschaft für Musik teilt, sondern auch eine gemeinsame Erkrankung. Neben dem Musik machen und hören, ist auch im Alltag für sie vieles einfacher geworden: „Wenn ich jetzt an einer Bahnschranke stehe, kann ich wieder hören, aus welcher Richtung der Zug kommt. An lauten Orten, wie zum Beispiel auf Feiern mit Freunden, habe ich keine Probleme mehr, Gespräche mit mehreren Menschen zu verfolgen und vom Hintergrundlärm zu unterscheiden. Das macht es für mich auch einfacher, auf Leute zuzugehen. Das Implantat gibt mir jeden Tag Lebensqualität zurück“, so die junge Frau glücklich.
Als Christian Lilienweihs das erste Mal seinen Sohn Klavier spielen hören konnte, hat er vor Freude geweint, denn mehr als 40 Jahre war der Familienvater praktisch taub. „Für mich war das ein unbeschreibliches Glücksgefühl“, erinnert sich der 51-jährige an diesen besonderen Moment zurück. Seit seinem siebten Lebensjahr litt Christian infolge von Komplikationen nach einer Mandeloperation unter Hörverlust, erst schleichend, dann immer stärker. Die verordneten Hörgeräte halfen nur eine kurze Zeit und bald schon musste sich der damalige Schüler mit Lippenlesen behelfen. Auch wenn er so sein Hördefizit etwas ausgleichen konnte, gab es immer wieder Situationen, in denen der studierte Kommunikationswissenschaftler an seine Grenzen stieß, etwa bei störenden Nebengeräuschen oder wenn er seinen Gesprächspartnerin nicht sehen konnte. Am schlimmsten war jedoch, dass die Musik, die er so sehr liebte, aufgrund seines abnehmenden Hörvermögens, ihm immer mehr entschwand.
Seit seiner Kindheit spielte Christian, der aus einer hochmusikalischen Familie stammt, begeistert Klavier und Posaune. Eine Leidenschaft, die er zum Beruf machen wollte. Doch seine angestrebte musikalische Karriere musste er bereits als Teenager mit Beginn seines beidseitigen Hörverlustes aufgeben. Auch das Musikhören war mit Hörgeräten nur noch eingeschränkt möglich. Mit 50 Jahren entschied sich der Software-Designer für ein Cochlea-Implantat und änderte damit sein Leben schlagartig – zum besseren, wie er selber sagt. Innerhalb kürzester Zeit gewann Christian ein fast 100-prozentiges Sprachverstehen zurück. Für den Vater eines Sohnes ist mit dem CI vieles leichter geworden, etwa die Kommunikation im Alltag oder das Telefonieren mit seiner Frau. Das Beste jedoch: „Ich kann wieder Musik hören und musizieren. Mit meinen Implantaten steht mir die Welt der Musik wieder offen“, so der passionierte Musiker glücklich. Heute spielt Christian in seiner Freizeit wieder begeistert Schlagzeug, Klavier und seit kurzem auch Bass – wenn er nicht gerade auf Konzerten oder Festivals klassische oder moderne Musik genießt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals wieder so gut Musik hören und auch mit anderen zusammen musizieren kann. Das ist ein wundervolles Geschenk, für das ich unendlich dankbar bin.“
Für Hildegard Stoll ist Musik mehr als nur ein Hobby. „Sie ist für mich zum Leben notwendig! Die Musik hilft mir in vielen Lebenssituationen und trägt mich durch schwierige Zeiten“, betont die Frankfurterin. Die Musikerin beherrscht insgesamt sechs Instrumente, nämlich Blockflöte, Violine, Klarinette, Gitarre, Raffele und Okarina. „Zither lerne ich gerade“, sagt Hildegard ganz selbstverständlich. Dass sie ihrer Leidenschaft so ungehindert nachgehen kann, verdankt sie ihrem Hörimplantat. Seit ihrer Kindheit leidet die heutige stolze Großmutter eines Enkelkindes unter Hörverlust auf dem rechten Ohr. Doch erst im Erwachsenenalter wurde das Hördefizit zu einem Problem für Hildegard. „Nachdem ich meine Kollegen nicht mehr verstehen konnte, wenn ich das Headset aufgezogen hatte, obwohl es nur einseitig war, beobachtete ich mich selbst sehr genau. Und kam zu dem Schluss, dass ich einen Hörtest machen musste“, gestand sich die medizinisch-technische Laborassistentin ihren Hörverlust ein. Eine plastische Operation des Mittelohrs verschaffte eine kurzfristige Linderung, doch erst ein Knochenleitungsimplantat brachte eine echte Verbesserung. Seitdem kann Hildegard wieder räumlich hören, sich wieder viel besser mit den Arbeitskollegen unterhalten und ihre Enkeltochter deutlicher verstehen. Auch in Bezug auf die Musik hilft Hildegard ihr Hörimplantat enorm: „Früher musste ich mich immer mit meinem gut hörenden Ohr meinen Mitspielerinnen und Mitspielern zuwenden. Auch das Singen im Chor war ohne die Hörhilfe mühsam. Mit meinem Hörimplantat kann ich meine verschiedenen Musikgruppen (unterschiedliche Blockflötenensemble) heute viel besser leiten, da ich genau hören kann, in welcher Stimme es ein Problem gibt und wo es nicht gut klingt. Auch das Geige- und Klarinetteüben ist mit dem besseren Hören sehr viel effektiver und macht deshalb auch viel mehr Freude“, beschreibt sie ihre neugewonnene Lebensqualität.
Hör nicht auf!
Die Geschichten von Josephine, Hildegard und Chris zeigen eindrucksvoll, wie wichtig ein gutes Gehör für ein glückliches und erfülltes Leben ist. Und genau darauf macht die Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr am 3. März aufmerksam. 2020 steht der Welttag des Hörens unter dem Motto „Hearing for life: Don’t let hearing loss limit you“1 – die Aufforderung der WHO, Hörverlust nicht über das eigene Leben bestimmen zu lassen. Denn Betroffene wissen, es geht es um weit mehr, als „nur“ darum, gut zu hören. Wer an Hörverlust leidet, kann nur noch eingeschränkt mit seiner Umwelt kommunizieren. Oft ziehen sich die Betroffenen auch in sich selbst zurück und nehmen immer weniger am gesellschaftlichen Leben teil. Nicht selten sind aufgrund von Vereinsamung und Isolation psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen, die weitreichenden Konsequenzen. Darüber hinaus lassen Studien der letzten Jahre auch den Rückschluss zu, dass schlechtes Hören, Demenz, Stürze und Sicherheit im Straßenverkehr miteinander korrelieren. Die WHO empfiehlt daher Menschen mit Hörbeeinträchtigung, ihren Hörverlust so früh wie möglich ärztlich abklären zu lassen. Denn regelmäßige Hörtests und eine zeitnahe Versorgung mit der passenden Technologie sind essenziell, um die unangenehmen Folgen von Hörverlust zu verhindern oder zu mindern.
Mehr als jeder zehnte Deutsche vermutet bei sich einen Hörverlust
Dass Hörverlust auch hierzulande immer noch ein weitverbreitetes und vielfach unbehandeltes Problem darstellt, zeigen auch die neuesten Ergebnisse einer repräsentativen Online-Umfrage, die MED-EL anlässlich des Welttags des Hörens unter 1.002 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 65+ Jahren in Deutschland durchführte. So gaben 48 Prozent an, in ihrem familiären Umfeld oder engeren Freundeskreis, jemanden mit einem vermuteten Hörverlust zu kennen. Besonders alarmierend: Mehr als jeder zehnte Befragte (14 Prozent) vermutet darüber hinaus bei sich selbst einen Hörverlust. Gleichzeitig haben rund 27 Prozent der Studienteilnehmer ihr Gehör noch nie untersuchen lassen, bei nahezu jedem dritten Studienteilnehmer (26 Prozent) liegt der letzte Hörtest mehr als fünf bis zehn Jahre zurück. Dabei wäre ein solcher dringend ratsam, wie weitere Zahlen der Studie belegen: So bestätigen 32 Prozent, im Alltag ihren Gesprächspartner regelmäßig zu bitten, das Gesagte zu wiederholen, 23 Prozent stellen das Radio oder den Fernseher regelmäßig lauter und immerhin fast jeder Fünfte (16 Prozent) wird immer wieder dazu angehalten, die Lautstärke eines Audio-Signals zu drosseln oder selbst leiser zu sprechen. Die Studienergebnisse lassen den Rückschluss zu, dass es vielen Betroffenen schwer fällt, sich einzugestehen, dass ihr Gehör nicht mehr so gut funktioniert wie früher. Oft ignorieren sie das Problem oder versuchen dieses mit verschiedenen Strategien im Alltag zu kompensieren, anstatt den Haus- oder HNO-Facharzt aufzusuchen.
1 Informationen unter https://www.who.int/deafness/world-hearing-day/whd-2020/en
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