Gastartikel

Die Welt ist Klang – ein Leben mit Musik

Seit sie denken kann, liebt Chris Christmann Rockmusik und Festivals. Eine durch eine Mittelohrinfektion ausgelöste Labyrinthitis nimmt ihr vor fünf Jahren abrupt den Genuss am Musikhören. Doch sie hat Glück – die Vertretungsärztin ihrer HNO-Praxis kennt sich mit dem Thema Cochlea-Implantat gut aus. Das und der beherzt getroffene Entschluss, sich operieren zu lassen, retten ihr Hörvermögen.

Chris Christmann auf einem Festival.

Frau Christmann, Musikhören ist Ihre Leidenschaft?

Ja, Konzerte, Live-Konzerte und Festivals sind mein großes Hobby. Es fing bereits früh an, ich bin schon als Jugendliche viel auf Festivals gegangen und treffe dort bis heute Freunde. Diese Leidenschaft teile ich mit meinem Mann; die Musik und Festivals verbinden uns.

Auf welche Festivals gehen Sie?

Ich mag kleinere, familiäre Events, mit höchstens 5.000 oder 6.000 Besuchern. Das ist gemütlich und überschaubar. Als mein Mann und ich anfingen, uns für Festivals zu begeistern, gab es die riesigen Events noch nicht, die über mehrere Tage gehen. Das erste größere Festival, auf dem wir waren, war Monsters of Rock in den 1980ern. Momentan ist das Iron Fest mein Lieblingsfestival, dort werden wir in diesem Jahr zum dritten Mal sein. Es liegt wunderschön an einem See, man hat direkten Kontakt zu den Bands, ohne Backstage-Bereich, hier passt einfach alles.

Und plötzlich bekamen Sie Schwierigkeiten mit dem Hörvermögen – wie kam es dazu?

Es fing mit Halsweh an, daraus hat sich eine Mittelohrentzündung entwickelt. Mein Kopf war wie in Watte gepackt, ich hörte alles gedämpft, wie unter einer Taucherglocke. Ich bekam ein Antibiotikum und Nasenspray, aber es wurde nicht besser. Beim HNO-Arzt wurde dann ein Hörtest gemacht. Dort stellte sich heraus, dass ich auf der linken Seite nichts mehr höre.

Wie ging es weiter?

In einer HNO-Klinik erhielt ich schließlich die Diagnose, dass ich eine Labyrinthitis habe, die bereits die Gehörschnecke angegriffen hat. Ich wurde dann mit dem Hinweis entlassen, dass ich 20 Prozent Schwerbehinderung beantragen könne; man riet mir auch, mich mit dem Thema Cochlea-Implantat zu befassen.

Chris Christmann

„Eine Ärztin hat mir viele Ängste genommen und mich insgesamt wunderbar betreut“

Chris Christmann

CI-Trägerin

Das war sicher erst mal ein Schock für Sie?

Ja, das war ein Schock. Aber nach meinem Klinikaufenthalt musste ich zunächst wieder in die HNO-Praxis. Dort hatte ich das Glück, zu einer Vertretungsärztin zu kommen, die normalerweise am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern tätig und Expertin für Cochlea-Implantate ist. Sie hat mir viele Ängste genommen und mich insgesamt wunderbar betreut. Sie riet mir auch sehr zu, mir ein Cochlea-Implantat einsetzen zu lassen. Ich habe die Voruntersuchungen machen lassen und dann ging alles ganz schnell.

Sie haben sich zügig für das Cochlea-Implantat entschieden?

Ich wusste, dass ich schnell handeln muss. Ich hatte keine Zeit, lange zu überlegen. Wenn die Verknöcherung durch die Labyrinthitis zu weit fortgeschritten ist, kann man das Implantat nicht mehr einsetzen. Durch die Operation hatte ich nichts zu verlieren, im Gegenteil. Hätte ich sie nicht gemacht, wäre die Chance, links wieder hören zu können, vertan gewesen.

Konnten Sie in der Zwischenzeit Musik hören?

In der Zeit, in der ich auf der linken Seite taub war, waren wir auf zwei oder drei Konzerten; ich sagte damals zu meinem Mann, wenn das so bleibt, bin ich raus. Ich gehe dann nicht mehr mit. Musik mit einem Ohr zu hören, ist schrecklich. Es ist alles zu laut, völlig übersteuert, ich war total gestresst. Ich konnte mich auch während der Konzerte nicht mehr unterhalten, was für mich ein wesentlicher Teil der Festivalbesuche war und ist.

Festivalbesucherin Chris Christmann

„Die Operation verlief problemlos, schon wenige Tage später war ich wieder mit meinem Mann auf einem Konzert“

Wie war die Operation, wie lange hat der Eingriff gedauert?

In der Klinik waren alle sehr nett – die Pfleger, die Schwestern, die Ärzte, ich habe mich sehr gut betreut gefühlt. Bei mir dauerte die OP sieben Stunden. Normalerweise sind es nur zwei oder drei, aber bei mir hatte die Labyrinthitis schon viel Schaden angerichtet. Es war höchste Zeit. Danach verlief alles problemlos – ich hatte weder Schwindel noch Übelkeit. Am Donnerstag wurde ich operiert, konnte am Sonntag nach Hause und war bereits am Mittwoch darauf wieder mit meinem Mann beim Judas Priest-Konzert.

Konnten Sie direkt nach der OP wieder auf dem linken Ohr hören?

Nein, so funktionieren Cochlea-Implantate nicht. Zunächst musste alles abheilen und dann bekam ich den Audioprozessor. Die Anpassung wurde in der Bosenberg Klinik im Saarland vorgenommen; dort fanden erste Hörversuche statt. Man muss das Hören mit dem Cochlea-Implantat regelrecht neu lernen.

Wie kann man sich das vorstellen?

Wenn man ein Hörgerät bekommt, schaltet man es ein und die Geräusche werden dadurch verstärkt. Das ist bei einem Cochlea-Implantat anders. Hier werden elektrische Impulse an die Hörnerven weitergeleitet, das Hörzentrum im Gehirn muss lernen, diese Impulse in Geräusche und in Sprache umzusetzen. Bei der Erstanpassung hört man erst mal nur ein Krachen und Piepen – etwas, das man gar nicht richtig definieren kann. Im Hörtraining mit Logopäden und in Gruppen erarbeitet man sich dann das Hören wieder Schritt für Schritt.

Was ich zuerst wieder hören konnte, war Vogelgezwitscher. Dann konnte ich einzelne Worte am Sprachrhythmus erkennen. Es hat mir geholfen, dass ich immer viel Musik gehört habe, ich hatte ein gutes Rhythmusgefühl. Als ich nach wenigen Tagen das Wort „Lokomotive“ verstehen konnte, war das ein Durchbruch, der mich sehr berührt hat. Ich wusste, das Cochlea-Implantat funktioniert. Seitdem komme ich alle sechs Monate in die Klinik nach St. Wendelin zum Feinanpassen. Meine Freunde nennen diese Termine „Soundcheck“, das trifft es gut.

Chris Christmann

„Als ich nach wenigen Tagen das Wort „Lokomotive“ verstehen konnte, war ich sehr berührt. Ich wusste, das Cochlea-Implantat funktioniert.“

Können Sie Musik wieder so genießen wie früher?

Ja, ich kann Musik wieder genießen. Anfangs klang die linke Seite eher blechern, dann haben wir das immer weiter ausbalanciert. Vermutlich wird es links nie ganz so sein, wie ich auf dem gesunden rechten Ohr höre. Aber ich bin sehr zufrieden damit, wie es jetzt ist. Ich höre Musik wieder als harmonische Einheit und kann auch Texte verstehen. Ich bin sehr dankbar, dass ich rundum so gut versorgt worden bin. Das Cochlea-Implantat war für mich die absolut richtige Entscheidung.

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3 Comments

Manfred Goldbacher

September 28, 2023

Ich stehe vor der Entscheidung zu einen Implantat und bin mir nicht sicher für was ich mich entscheiden soll.Ich quäle mich schon die längste Zeit damit das ich die richtige Entscheidung treffe den es gibt dann kein zurück mehr.Mir bleibt aber letztendlich keine andere Wahl

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MED-EL

September 29, 2023

Hallo Herr Goldbacher, es ist völlig verständlich, sich unsicher zu fühlen. Wir wissen aus vielen Gesprächen, wie schwer diese Wahl sein kann. Vielleicht wäre es hilfreich, mit einem Hörpaten zu sprechen, um alle Ihre Fragen und Bedenken zu klären. Sie können aus eigener Erfahrung berichten, was ihnen in dieser Situation geholfen hat.

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Ursula Schösser

September 30, 2023

Hallo Herr Goldbacher, Sie können sich auch mit Ihrem Hörakustiker in Verbindung setzten, vielleicht können Sie ein Gespräch mit einem Cochlea Träger, zusammen mit Ihm führen, das hilft auch Ängste zu verlieren. Ich bin Träger eines Implantats auf beiden Seiten und habe so meinem Hörakusticker und anderen Menschen, die vor der gleichen Entscheidung wie Sie standen, geholfen. Mit freundlichen Grüßen Ursula Schösser

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Karl-Otto Gädke

Oktober 19, 2023

Hallo Leidgeplagter! Diese, Ihre Bedenken, habe ich im Januar 2020 ähnlich empfunden und 2022 mußte ich beim linken Ohr nicht mehr darüber nachdenken. Die Entscheidung für ein CI ist aus heutiger Sicht entgültig, bislang kann ich allerdings aus Überzeugung feststellen - es war die völlig richtige Entscheidung, die beiden CI implantieren zu lassen. Die Alternative für mich wäre ein zunehmendes Nichtverstehen, auch in der Familie, gewesen, ewiges Nachfragen, letztlich ein Vereinsamen innerhalb meines Freundes- und Bekanntenkreises. Aber die CI wollen auch "versorgt" werden, erstens mit Batterien oder Akkus, zweitens mit bei mir halbjährlichen Einstellungskorekturen der Prozessoren in der MHH. Ich wünsche Ihnen, sich für sich zu entscheiden, mit freundlichen Grüßen Karl-Otto Gädke

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