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Vom Verlust der hohen Frequenzen zum Gewinn eines neuen Lebens

Johanna arbeitet als Audiologin und Ingenieurin. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem, Hörimplantate in ihren Einstellungen möglichst genau auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer abzustimmen. Im Umgang mit Implantat-Trägern weiß sie ganz genau, wovon sie spricht. Schließlich war sie selbst von Hörverlust im Hochtonbereich betroffen und trägt deshalb seit einigen Jahren beidseitig Hörimplantate. Lesen Sie im Folgenden, was Johanna zu erzählen hat – als Implantat-Nutzerin wie auch Hörexpertin.

 

Ich bin von Kindheit an schwerhörig. Meine ersten Hörgeräte bekam ich mit 7 Jahren. In weiterer Folge hatte ich dann mehrere Hörstürze und starken Tinnitus, wodurch ich vor allem die hohen Frequenzen kontinuierlich schlechter gehört habe.

Heute weiß ich aus meiner täglichen Arbeit als Audiologin, dass sich Hochtonverlust in vielen Fällen schleichend entwickelt. Oft bemerken ihn Betroffene zu Beginn gar nicht selbst, sondern eher Personen aus dem persönlichem Umfeld. Familienmitgliedern oder Arbeitskollegen fällt zum Beispiel auf, dass man den Fernseher oder Radio lauter einstellt als früher oder dass man in Gesprächen häufig nachfragt. Ich bin da vielleicht etwas „untypisch“, da ich bereits von klein auf mit meinem Hörverlust gelebt habe. Ich kann mich aber auch sehr genau daran erinnern, wie irritierend und unangenehm es ist, wenn man nie eindeutig versteht, was jemand sagt. Viele Menschen mit einem fortschreitenden Hörverlust im Hochtonbereich beklagen, dass sie – bei entsprechender Lautstärke – zwar hören, aber eben nicht verstehen. So, als würde jemand lautstark „nuscheln“.

Das zeigt, wie wichtig die hohen Frequenzen für das Sprachverstehen sind. Als ich bestimmte Laute wie ss, f oder sch überhaupt nicht mehr gehört habe, waren viele Wörter kaum noch unterscheidbar. Zusätzlich waren Geräusche wie Vogelgezwitscher oder Alarmsignale irgendwann völlig verschwunden. Und Musik hörte sich damals nur noch dumpf an.

Rückblickend kann ich sagen, dass ich mit meinem Hörverlust in den hohen Frequenzen und meinem stabilen Restgehör in den niederen Frequenzen die geradezu perfekte Kandidatin für ein EAS-System war. Dieses System arbeitet sowohl mit akustischer Verstärkung (wie ein Hörgerät) als auch mit elektrischer Stimulation (wie ein Cochlea-Implantat). Ein Hörgerät allein würde zwar zur Verstärkung beitragen, allerdings nicht zu einem ausreichenden Sprachverstehen.

Als mir das EAS-System damals vorgeschlagen wurde, hatte ich mich allerdings noch überhaupt nicht mit Hörimplantaten auseinandergesetzt. Mein Studium der Hörtechnik und Audiologie sollte erst ein Jahr später beginnen. Vor meiner Implantation zeigte mir ein Arzt im Krankenhaus Cochlea-Implantate verschiedener Marken. Ich war sehr skeptisch, da ich Angst hatte, bei der Operation mein verbliebenes Hörvermögen zu verlieren. Ich hatte bis ca. 900 Hz ein sehr gutes und stabiles Restgehör. Das wollte ich auf jeden Fall behalten! Als Schwerhörige hängt man an jedem dB, das man noch wahrnimmt… Ich habe deshalb sehr lange überlegt, ob ich die Implantation wirklich machen lassen soll.

Mein Chirurg hat mir dann ganz offen das MED-EL EAS-System empfohlen. Er meinte, er kenne einen Kollegen, der ziemlich viel Erfahrung bei gehörerhaltenden Operationen habe. Damals, vor acht Jahren, wurde ja noch nicht in jeder Klinik gehörerhaltend operiert. Der Chirurg, der mich schließlich operieren sollte, konnte mir zwar nicht zu 100 Prozent versprechen, dass mein Restgehör bestehen bleiben würde, meinte aber, die Chancen stünden gut.

Und er sollte recht behalten. 2010 habe ich ein Sonata Implantat mit einer FLEX24 Elektrode implantiert bekommen, damit nur die hohen Frequenzen elektrisch stimuliert werden und ich in den niederen Frequenzen, weiter innen an der Spitze der Cochlea, noch mein natürliches Restgehör nutzen kann. Da ich relativ schnell mit dem Hörerlebnis und dem DUET2 Audioprozessor zufrieden war, entschloss ich mich ein Jahr später dazu, die andere Seite auch implantieren zu lassen. Leider war rechts das Ohr schon sehr geschädigt. Ich hatte nur noch Restgehör bis ca. 350Hz, weshalb ich auf diesem Ohr schließlich komplett mit einem Cochlea-Implantat (ohne EAS) und einer langen Elektrode versorgt wurde, die das gesamte Frequenzspektrum abdeckt.

Ich hätte vorab nicht gedacht, dass mit meinen Implantaten so gut hören können würde. Mein Leben mit dem EAS hat sich so positiv entwickelt! Ich kann Musik und Verabredungen mit Freunden wieder genießen und habe dadurch viel Lebensfreude zurückgewonnen. Darüber hinaus haben mich mein Hörverlust und dessen Behandlung dazu gebracht, mich dieser Thematik auch beruflich zu widmen. Mittlerweile arbeite ich als Ingenieurin für MED-EL und betreue CI-Nutzer im Raum Süddeutschland. An der Würzburger Klinik bin ich unter anderem für die audiologischen Anpassungen bei unseren EAS-Trägern zuständig.

Dabei ist es durchaus hilfreich, dass ich ganz genau weiß, wovon ich rede, und die gesamte „Reise“ von der Diagnose über die Implantation bis hin zur Rehabilitation selbst durchgemacht habe. Ich persönlich habe nach der ersten Implantation sehr schnell gute Resultate bei Hörtests erzielt. Das neue Hörgefühl war allerdings schon ziemlich ungewohnt. Ich hab mich zwar total gefreut, wieder Vogelgezwitscher zu hören, aber es war auch sehr anstrengend, da ich ja hohe Töne schon Jahre nicht mehr gehört hatte. Besonders bei Geschirrklappern und Papierrascheln war ich sehr empfindlich und etwas genervt. Nach ein paar Wochen habe ich gemerkt, dass ich Sprache viel besser verstehe als vorher mit den Hörgeräten. Und auch beim Musikhören liegen für mich Welten zwischen der Klangqualität eines EAS-Systems und der eines Hörgeräts. Sprache und Musik klingen viel voller und harmonischer. Nur wenn Menschen flüstern oder ich mich an einem halligen, geräuschvollen Ort aufhalte, habe ich ab und zu noch Schwierigkeiten, jedes Wort meines Gegenübers zu verstehen.

In meinem täglichen Umgang mit EAS-Nutzern stelle ich immer wieder fest, dass es von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ist, wie viel Zeit benötigt wird, um sich an das System zu gewöhnen. Oft ist es aber so, dass EAS-Nutzer etwas schneller mit dem „neuen“ Hören klarkommen als CI-Nutzer. Das liegt nicht zuletzt daran, dass EAS-User nie komplett taub waren, wodurch der Hörnerv immer Input bekommen hat. Durch meine etwas untypische Situation mit einem EAS-System und gleichzeitig einem CI auf der anderen Seite (die meisten EAS-Nutzer verwenden im anderen Ohr ein Hörgerät) hatte ich einen direkten Vergleich. Für mein Empfinden haben sich Klänge auf der EAS-Seite viel schneller natürlich angehört als auf der reinen CI-Seite. Klarerweise spielen da aber auch Rehabilitation und Gewöhnung eine entscheidende Rolle.

 

Danke Johanna, dass du über deine Erfahrungen mit Hörimplantaten berichtest!

 

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