Technologie

Hören mit einem passiven Mittelohrimplantat

Passive Mittelohrimplantate – Unsichtbare erste Hilfe bei Schallleitungshörverlust

Unser Gehör vollbringt jeden Tag eine unglaubliche Leistung! Es arbeitet rund um die Uhr und wandelt Schallwellen zuerst in Minibewegungen und dann in elektrische Impulse um, damit das Gehirn sie als Geräusche, Stimmen oder Musik interpretieren kann.

Das ist aber erst der Anfang: Denn es gibt nicht nur die Kategorien „Geräusche“, „Stimmen“ oder „Musik“ – nein, wir können zwischen unzähligen Geräuschen unterscheiden, können verschiedene Instrumente erkennen; wir hören, ob ein Ton hoch oder tief ist, ob er laut oder leise ist, ob eine Stimme sanft oder kräftig klingt. Und weil das so wundervoll und beeindruckend ist, möchten wir Ihnen in diesem Video erklären, wie das Gehör das macht:

Wie Hören funktioniert – YouTube

Sie sehen schon: Das Gehör ist ein sehr sensibles System, bei dem viele kleine Teile exakt zusammenspielen müssen, damit es funktioniert. Leider ist es aber gar nicht so selten, dass ein Teil dieses Systems ausfällt und das Hören dadurch eingeschränkt ist. In diesem Beitrag möchten wir über die Gehörknöchelchen (auch Ossikel genannt) sprechen und darüber, was passiert, wenn sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen können.

Welche Funktion haben Hammer, Amboss und Steigbügel?

Beim Trommelfell werden die Schallwellen in mechanische Bewegungen umgewandelt. Der Hammer ist mit dem Trommelfell verbunden und nimmt dessen Bewegungen auf und überträgt sie weiter an den Amboss und den Steigbügel. Durch die Bewegungen des Steigbügels wird die Flüssigkeit im Innenohr angeregt, was schlussendlich zu den elektrischen Impulsen führt, die vom Gehirn interpretiert werden können.

Wenn eines oder mehrere der Gehörknöchelchen nicht mehr richtig schwingen können, kann auch die Schallinformation nicht entsprechend weitergeleitet werden und es resultiert ein Schallleitungshörverlust.

Warum verlieren die Gehörknöchelchen ihre Funktion und was kann man dagegen tun?

Die Gehörknöchelchen können ihre Funktion durch unterschiedliche Einflüsse verlieren. In den meisten Fällen ist die Ursache eine chronische Mittelohrentzündung. Denn diese kann die Knöchelchen angreifen und in weiterer Folge dazu führen, dass sie abgebaut werden. Entzündungen können auch Vernarbungen nach sich ziehen oder Gewebewachstum im Mittelohr (Cholesteatom) begünstigen, welche das freie Schwingen der Ossikel verhindern können.

In diesen Fällen können sogenannte Tympanoplastik-Prothesen helfen (Tympanoplastik: griechisch tympanon, „Pauke“; Paukenhöhle des Ohrs; Plastik: chirurgische Wiederherstellung). Diese Implantate werden im Mittelohr platziert. Sie ersetzen die beschädigten Knöchelchen und ermöglichen so die Übertragung der Schallinformationen.

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Eine ganz andere Erkrankung kann zu einer Versteifung der Ossikel führen: Otosklerose. Es handelt sich hier um eine Verknöcherung der Strukturen im Mittelohr, die meistens beim Steigbügel beginnt und zur Folge hat, dass er sich nicht mehr bewegen kann.

Der dadurch entstehende Hörverlust kann mit sogenannten Stapesplastik-Prothesen behoben werden (Stapesplastik: lateinisch stapes, „Steigbügel“; Plastik: chirurgische Wiederherstellung). Dabei wird das Implantat in ein kleines Loch in der Steigbügelfußplatte eingeführt. Da bei der Otosklerose im Normalfall Hammer und Amboss schwingen können, geben sie diese Schwingungen an das Implantat weiter und dieses regt durch seine Bewegungen die Weiterleitung der Schallinformationen direkt an die Flüssigkeit im Innenohr an.

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Sowohl Tympanoplastik- als auch Stapesplastik-Prothesen können außerdem zum Einsatz kommen, wenn die Gehörknöchelchen durch ein Trauma (z. B. einen Unfall mit Schlag gegen den Kopf) verletzt werden oder wenn sie sich durch eine angeborene Fehlbildung nicht bewegen können.

Wie läuft die Operation ab und kann jeder diese Implantate bekommen?

Heutzutage stehen in HNO-Kliniken sogenannte Ossikelkettenrekonstruktionen auf der Tagesordnung. Der Chirurg/die Chirurgin öffnet das Mittelohr durch den Gehörgang, verschafft sich einen Überblick über die dortige Situation und entscheidet, welches Implantat für den Patienten/die Patientin am besten geeignet ist und setzt dieses ein. Die Operation kann 30 Minuten dauern – je nach Erkrankung und Zustand des Mittelohrs aber auch deutlich länger.

Ein Vorteil von Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen ist, dass sie jedem helfen können, ganz unabhängig vom Alter. Das Mittelohr ist nach der Geburt vollständig ausgebildet und wächst nicht mehr weiter – das heißt, wenn ein Baby eine Prothese bekommt, dann passt diese theoretisch auch noch, wenn es erwachsen ist. Natürlich ist die Größe des Mittelohrs nicht bei jedem Menschen gleich – um diesem Umstand gerecht zu werden, gibt es die Prothesen in unterschiedlichen Längen. Übrigens sprechen wir hier von Implantaten, die sehr, sehr, sehr klein sind – immerhin ersetzen sie die kleinsten Knochen im Körper. Damit Sie einen Eindruck bekommen, haben wir dieses Foto für Sie gemacht:

Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen von MED-EL

MED-EL hat die Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen 2020 in das Portfolio aufgenommen. Diese Entscheidung bringt uns unserer Mission einen Schritt näher, Hörverlust als Barriere für Kommunikation und Lebensqualität zu überwinden. Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen gelten als Erstbehandlung bei vielen Erkrankungen und Hörverlusten und tausende Menschen auf der ganzen Welt profitieren bereits von diesen Implantaten. MED-EL steht für hochqualitative Hörimplantate und wir möchten unser Wissen und unsere Erfahrung in diesem Bereich auch bei der Entwicklung von Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen einsetzen.

 

  • Made in Germany: unsere Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen werden in Deutschland hergestellt.
  • Nur das Beste: Sie bestehen aus Titan, denn dieses Material ist für seine Biokompatibilität und -stabilität bekannt und garantiert außerdem durch seine Eigenschaften eine sehr gute Klangübertragung.
  • Individualität geht vor: Wir haben viele unterschiedliche Designs und Längen, damit für jede*n die richtige Prothese dabei ist.
  • Zukunftssicher: Die Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen von MED-EL sind MRT-tauglich bis 7,0 Tesla (Important Safety Information (medel.pro))
  • Show me yours: Mit einer MED-EL Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothese bekommen Sie einen Implantatpass, den Sie bei Bedarf vorweisen können und der als Nachweis gilt, dass Sie ein Hörimplantat tragen – denn von außen sieht niemand, dass Sie unter einem Hörverlust leiden.
  • Vertrauen Sie MED-EL: Sollte die Versorgung mit einer Tympanoplastik- oder Stapesplastik-Prothese langfristig für Sie doch nicht das Richtige sein, dann können Sie sicher sein, dass Sie sich auf MED-EL verlassen können. Denn wir können Ihnen das komplette Portfolio an Hörimplantaten zusammen mit dem bekannten MED-EL Service bieten.

 

Sie möchten auch die Meinung eines Chirurgen zu den Tympanoplastik- und Stapesplastik-Prothesen hören?

Bitteschön – wir haben Dr. Oidtmann vom Katholischen Marienkrankenhaus in Hamburg interviewt. Dr. Oidtmann arbeitet seit 1998 am Katholischen Marienkrankenhaus und hat dort bereits über 7.000 Ohroperationen durchgeführt.

 Dr. med. Christoph Oidtmann
Dr. med. Christoph Oidtmann

  • Herr Dr. Oidtmann wie viele Patienten/Patientinnen, für die eine passive Mittelohrprothese in Frage kommen würde, sehen Sie im Klinikalltag?

In meiner Sprechstunde sehe ich jeden Tag ca. zwei Patienten/Patientinnen, für die eine passive Mittelohrprothese eine Lösung sein könnte. Außerdem haben wir ein bis zwei Patienten/Patientinnen pro Tag, welche mit einer Mittelohrprothese versorgt werden. Dabei setze ich am häufigsten die Partialprothese (Tympanoplastik-Prothese) ein.

  • Sie haben schon die Sprechstunde angesprochen, was sind denn da die am häufigsten gestellten Fragen und welche Sorgen begegnen Ihnen?

Ich werde häufig gefragt, ob die Implantate ein Leben lang halten. Dank meiner chirurgischen Expertise kann ich sagen, dass das Material keine Probleme verursacht. Das größte Risiko für eine stabile Versorgung sind eher individuelle medizinische Ursachen, wie sich verändernde Druckverhältnisse im Mittelohr oder Entzündungen. Beides kann dazu führen, dass sich z. B der Abstand vom Trommelfell zum Steigbügel ändert und somit die individuell angepasste Prothese den Schall nicht mehr optimal weiterleiten kann.

Des Weiteren werde ich manchmal gefragt, ob es piept, wenn man z. B. durch eine Sicherheitskontrolle am Flughafen geht. Das kann durchaus auftreten, muss aber nicht jedes Mal der Fall sein. Eher selten fragen Patienten/Patientinnen nach der Verträglichkeit des Implantats. Die Prothesen bestehen aus Titan und weisen somit eine hohe Verträglichkeit auf.

Eine sehr häufige Frage ist natürlich, wie gut man nach der Operation wieder hört. Dies ist sehr individuell und hängt vom Hörverlust ab. Was man aber sicher sagen kann ist, dass es sich um ein seit Jahrzehnten etabliertes und angewandtes Verfahren handelt und um Produkte, die stets weiterentwickelt werden. Die anschließende Hörfähigkeit hängt nicht nur von der eingesetzten Mittelohrprothese ab, sondern vor allem von der Belüftung des Mittelohres und eventuellen Entzündungen. Bei gutem Heilungsprozess ist auch nicht unbedingt ein Hörgerät notwendig.

  • Was ist denn generell bei der Nachsorge zu beachten?

Bei uns bleiben die Patienten/Patientinnen erst einmal ca. drei Tage zur Beobachtung an der Klinik. Danach kehren sie nach Hause zurück und kommen dann nach zwei bis drei Wochen wieder zur Entfernung der Tamponade an die Klinik. Es ist wichtig, dass in den ersten sechs bis acht Wochen noch kein Sport betrieben wird und vor allem sollte vermieden werden, dass das Ohr in Kontakt mit Wasser kommt. Nach ca. zwei Monaten steht dann eine Hörbeurteilung durch einen Hörtest an. Danach erfolgt die weitere Betreuung durch den niedergelassenen HNO-Arzt, so dass die Patienten/Patientinnen den Weg zur Klinik nicht immer auf sich nehmen müssen. Außer es treten Komplikationen wie Entzündungen oder Schwindel auf, dann findet die Behandlung selbstverständlich wieder an der Klinik statt.

Wenn aber bei Patienten/Patientinnen nicht nur eine passive Mittelohrprothese eingesetzt wird, sondern auch ein Cholesteatom entfernt wird, dann ist auf Grund dieser eventuell wiederkehrenden Wucherung eine mehrjährige Nachsorge notwendig.

  • Herr Dr. Oidtmann, wenn wir nochmal zur Sprechstunde zurückkehren. Was geben Sie denn Ihren Patienten/Patientinnen mit auf den Weg?

Die beste OP ist zwar diejenige, die man nicht braucht, dennoch muss man sich keine Sorgen machen und „Wat mut dat mut“. Die Indikationen sind klar abgegrenzt und jeder Fall wird ausführlich besprochen. Die OP muss kein unangenehmes Erlebnis sein. Die meisten Patienten/Patientinnen sind danach eher überrascht, denn obwohl das Ohr eigentlich empfindlich ist, ist der postoperative Schmerz sehr gering und man kann nach der Operation direkt wieder aufstehen.

 

weiterführende Links:
7 Fakten, die Sie über Mittelohrentzündungen wissen sollten – The MED-EL Blog (medel.com)
Otosklerose-Hörverlust überwinden: Meine VIBRANT SOUNDBRIDGE (medel.com)

 

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