Gastartikel

„Ohne CI wäre meine Traumhochzeit unmöglich gewesen“: Jessicas Geschichte

Als Jessica und Stefan aus Großbritannien beschlossen zu heiraten, stellten sie sich auf eine Feier im kleinen Rahmen ein. Denn Jessicas Hörverlust machte geselliges Beisammensein in großen Gruppen schwierig. Gerade ihren großen Tag wollte sie nicht damit verbringen, ständig nachfragen zu müssen. Aber das änderte sich, als sie ein Cochlea-Implantat bekam. Im heutigen Gastartikel erzählt Jessica, wie ein Cochlea-Implantat ihr die Hochzeit ermöglichte, von der sie immer geträumt hatte.

Als ich sieben Jahre alt war, wurde bei mir in meinem linken Ohr eine hochgradige Schwerhörigkeit festgestellt. Ich bin während meiner gesamten Schulzeit gut zurechtgekommen und die Taubheit auf einem Ohr hat mich nie davon abgehalten, zu tun und zu erreichen, was ich wollte. 2003 nahm ich mein Studium an der Universität auf. Im selben Jahr begann ich an Tinnitus zu leiden, was das Hören deutlich erschwerte. Mein Audiologe empfahl mir für die Tage, an denen ich das Gefühl hatte, dass ich mehr Lautstärke brauche, ein Hörgerät. Ich bekam ein diskretes Im-Ohr-Hörgerät und war damit sehr zufrieden. Denn so konnte ich die Lautstärke erhöhen, ohne dass es jemand bemerkte. In der Folge verwendete ich das Hörgerät immer dann, wenn ich das Gefühl hatte, es zu benötigen.

Mein Hörverlust

2013 begegnete ich Stefan zum ersten Mal. Zwei Jahre später verlobten wir uns und beschlossen, eine Familie zu gründen. Im Frühling 2016 erfuhr ich, dass ich schwanger war. Während dieser Zeit war mein Gehör so gut wie nie zuvor – ich bemerkte, dass ich mein Hörgerät nie benutzen musste, ich hatte gar keine Probleme, Dinge zu verstehen, und mein Tinnitus war weg. Doch im August desselben Jahres hatte ich eine Fehlgeburt. Es war die schmerzhafteste Erfahrung meines Lebens – sowohl körperlich als auch psychisch. Wir waren beide am Boden zerstört.

Wenige Zeit später fiel mir auf, dass ich die Unterstützung des Hörgeräts nun fast ständig benötigte. Zu der Zeit arbeitete ich in einer Grundschule und verlor langsam die Fähigkeit, die Kinder zu hören. Auch Musik, Vogelgesang, Verkehrsgeräusche und andere alltägliche Geräusche konnte ich nicht mehr so gut hören. Die größten Schwierigkeiten bereiteten mir aber Einzel- und Gruppengespräche.

Bis Dezember war aus meinem mittelschweren Hörverlust eine hochgradige Schwerhörigkeit geworden. Ich schaffte es gerade so, den Alltag zu bewältigen, aber es war eine tägliche Herausforderung. Ich begann mich zu isolieren und mich von von Menschen in meinem Umfeld zurückzuziehen. Und ich bemerkte, wie sich Menschen von mir entfernten, weil es schwierig war, mit mir ein Gespräch zu führen.

Die einzige Person, die wirklich verstand, was ich durchmachte, und ihr Verhalten mir gegenüber nicht veränderte, war Stefan. Ich hatte ihm das Alphabet und ein paar Basisgebärden der Britischen Gebärdensprache (BSL) beigebracht. So konnte er mich in Gespräche miteinbeziehen und wir entwickelten unsere ganz eigene Art der Kommunikation.

Neue Hörerfahrungen mit Cochlea-Implantat

Mein Arzt überwies mich schließlich an eine andere audiologische Abteilung. Kurz vor Weihnachten 2016 wurde ich dort untersucht und das Team war erstaunt, wie wenig ich hören konnte. Daher wurde ich an ein CI-Zentrum in Manchester geschickt. Im Februar wurde mir dann ein Cochlea-Implantat angeboten. Ich hatte nichts zu verlieren und nahm das Angebot an. Am 13. September 2017 wurde ich operiert und alles verlief nach Plan.

Zwischen Implantation und Aktivierung zwang ich mich dazu, alleine spazieren oder einkaufen zu gehen. Ich wollte mich an eine Welt der Stille gewöhnen, sollte mein Implantat nicht funktionieren.

Am 16. Oktober wurde das Implantat endlich aktiviert. Und es war ein voller Erfolg! Ich konnte sofort Stimmen hören und zwischen männlichen und weiblichen Stimmen unterscheiden – auch wenn sie zuerst wie die Chipmunks klangen. Am Weg nach Hause konnte ich meine Mutter anrufen und sogar Musik hören, es war ein magischer Tag für mich! Es fühlte sich an, als ob ich mein Leben zurückbekommen würde, und ich fühlte mich wieder wie mein altes Ich.

Unsere Traumhochzeit

Vor der Aktivierung hatten Stefan und ich beschlossen, im Ausland zu heiraten – nur er und ich. Denn von Menschen umgeben zu sein, war zu anstrengend für mich geworden. Kurz nach meiner CI-Anpassung besprachen wir die Hochzeit und entschlossen uns, doch groß zu feiern und unsere Hochzeit im Kreis aller Menschen zu zelebrieren, die wir lieben und die uns durch diese schwere Zeit geholfen hatten.

Am 23. August 2019 heirateten wir in der Nähe von Manchester. Die Tage zuvor hatte es jeden einzelnen Tag geregnet. Doch an unserem Hochzeitstag strahlte die Sonne vom Himmel und wir konnten die Zeremonie im Freien abhalten, genau so, wie wir es uns erhofft hatten. Ich war so stolz und von Emotionen überwältigt, als mein Lied für den Einzug ertönte und ich all die Menschen, die mir nahestehen, auf mich warten sah.

Was die Hochzeit noch schöner machte, war die Tatsache, dass ich in der 20. Woche mit unserem Wunschkind schwanger war.

Ich bat meinen Onkel, mich hineinzuführen und an Stefan zu übergeben. Meinen Onkel hatte die Taubheit sehr beschäftigt. Wir hatten früher ständig miteinander telefoniert und auf einmal war das nicht mehr möglich gewesen. Er war total erstaunt, als wir unsere Telefongespräche wieder aufnehmen konnten. Als wir am Hochzeitstag auf Stefan zugingen, sagt er: „Meine Lieblingsnichte!“ Ich musste loslachen.

Während der Zeremonie strahlte ich vor Glück, denn ich konnte alles hören: die Lesungen, die Musik und – am wichtigsten – unsere Ehegelübde. Es berührte mich so, Stefans Gelübde hören zu können. Ohne mein Implantat wäre das nicht möglich gewesen.

Der ganze Tag war magisch, wie im Märchen. Ich war überglücklich, alles hören zu können und meinen besten Freund heiraten zu dürfen. Das war alles, was ich mir je erträumt hatte – und mehr! Wir haben die Hochzeit sehr persönlich gehalten. Nach allem, was wir durchgemacht hatten, beschlossen wir auf Gastgeschenke zu verzichten. Stattdessen stellten wir eine Spendenbox für eine britische Gehörlösenorganisation auf die Tische. So konnten wir Geld für eine Organisation sammeln, die mir sehr am Herzen liegt.

Am Morgen der Hochzeit sorgte ich dafür, dass auch ein Foto von meinem SONNET Audioprozessor gemacht wurde, während er an meinem Hochzeitskleid baumelte. Das war mir sehr wichtig, denn ich wusste, ohne dieses Stück Technologie wäre meine Traumhochzeit unmöglich gewesen.

Dieses Foto bedeutet mir sehr viel, denn es steht für alles, was wir gemeinsam überwunden haben, um an diesen Punkt zu gelangen.

Nächster Schritt: Mutter sein

Nun hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen, als Mutter mit CI. Anfang 2020 hat unser kleiner Sonnenschein das Licht der Welt erblickt. Es gibt viele Dinge zu beachten, zum Beispiel mussten wir ein passendes Babyphon finden, das mich in der Nacht aufweckt. Ich freue mich so über diesen neuen Abschnitt in unserem Leben und bin unendlich dankbar, all die kleinen und großen Geräusche unseres Babys hören zu dürfen.

Jessicas Tipp

Mein Tipp für alle, die über ein Implantat nachdenken: Halte deine Erwartungen niedrig und stelle dich darauf ein, dass die Rehabiliation danach viel harte Arbeit erfordert. Ich hatte großes Glück bei meiner Anpassung, aber jede Aktivierung ist anders und jeder von uns ist individuell.

In Sachen Hochzeit: Lebe deinen Traum! Mach, was dich glücklich macht, und genieße den Moment. Als wir zu unserer Hochzeitsreise aufbrachen, packten wir unsere Hochzeitsoutfits mit in den Koffer, um den großen Tag im schönen Italien nachzuerleben und dort ein Fotoshooting zu machen. Das kann ich wärmstens empfehlen!

Jessica ist HörPatin in Großbritannien und teilt dort ihre Erfahrungen mit dem CI. Wenn Sie mit einem HörPaten in Ihrer Nähe in Kontakt treten wollen, finden Sie mehr Informationen auf der deutschen HörPaten Website.

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